Hörst du mittlerweile auch immer öfter, dass feste Produkte gar nicht so nachhaltig sind, weil sie in der Herstellung viel mehr Wasser verbrauchen? Glaubst du das? Fragst du dich, ob das stimmt? Oder nimmst du das einfach so hin?
Ich habe mich jetzt 5 Wochen damit befasst, weil ich für dich herausfinden wollte, ob das wirklich stimmt. Ich war vor meiner Recherche schon davon überzeugt, dass es einfach nicht stimmt. Aber vielleicht lag ich ja auch falsch?!
Was ist der Ansatz bei festen Produkten? Was das Problem?
Der Sinn hinter festen Produkten soll sein, dass sie ökologischer sind, weil wir weniger Plastikverpackungen kaufen und somit auch weniger produziert werden. Zudem wird bei festen Produkten immer damit geworben, dass sie weniger Ressourcen im Transport verbrauchen. Flüssige Produkte bestehen zum Großteil aus Wasser. Shampoos zum Beispiel zu 70-80%. So ähnlich sieht es auch bei Putzmitteln aus.
Das Wasser muss von A nach B transportiert werden. Kaufen wir feste Produkte, die keinen oder kaum Wasseranteil haben (aber genauso ergiebig sind), dann spart das Ressourcen im Transport ein, da sie weniger wiegen. So die Annahme. Aber stimmt das?
Zudem behaupten seit einiger Zeit einige Menschen / Quellen folgendes:“…feste Shampoos sind nichts anderes als flüssige sind, denen das Wasser entzogen wurde„. (Quelle 1) Das hieße, dass flüssige Shampoos hergestellt werden und dann aufwendig getrocknet werden, um danach fest zu sein. So würde im Endeffekt kein Wasser bei der Produktion gespart, sondern sinnfrei verbraucht werden. Aber stimmt es, dass feste Produkte wirklich so hergestellt werden?
Wie werden feste Produkte wirklich hergestellt?
Am Beispiel von festem Shampoo.
Nach der Aussage oben, stelle ich es mir so vor: Jemand oder eine Maschine rührt ein flüssiges Shampoo oder Putzmittel an. Danach kommt es in eine Trocknungsanlage, damit ein Großteil des Wassers heraus getrocknet wird. Danach wird es in Form gepresst.
Wie es wirklich ist: Feste Shampoos bestehen aus einem pulverförmigen Tensid, welches mit pflegenden Ölen, Farben wie Tonerde und / oder Duftstoffen gemischt wird. In manchen Produkten befindet sich auch noch Stärke. Bei Waschkram, die selbst Shampoos herstellen, durfte ich bei der Herstellung zuschauen.
Die oben genannten Inhaltstoffe werden dort noch per Hand vermischt. Zu den Inhaltstoffen wird ein kleiner Wasseranteil hinzugegeben. Insgesamt weniger als 5%, damit die Masse formbarer wird. Danach werden die Kugeln in Kisten in den Regalen verstaut und lagern wenige Tage ein. In der Zeit verflüchtigt sich ein Teil des Wassers und die Kugeln werden fester.
Es wird als nichts in einer Trockenmaschine o.ä. getrocknet und auch deutlich weniger Wasser verbraucht, als bei der Herstellung von flüssigem Shampoo.
Am Beispiel von Putzmittel Tabs
Auch bei diesem Beispiel ist es so, dass die Tabs in Form gebracht werden, indem die trockenen Inhaltstoffe gemischt werden. Diese werden dann mit den flüssigen Inhaltsstoffen besprüht und maschinell in Form gepresst.
Es wird kein zusätzliches Wasser bei der Produktion hinzugegeben, um dieses dann mittels eines Trocknungsprozesses herauszubekommen.
Ist die Aussage über feste Produkte falsch?
„...feste Shampoos sind nichts anderes als flüssige, denen das Wasser entzogen wurde„. (Quelle 1)
Ist in dem genauen Wortlaut also wirklich falsch. Feste Produkte entstehen nicht dadurch, dass sie genauso hergestellt werden wie flüssige und nur getrocknet werden, um fest zu sein.
Aber versteckt sich dahinter etwas anderes?
Schauen wir genauer hin dann schreibt zum Beispiel die Stiftung Warentest in einem ihrer Tests: „Diese Produkte sind im Prinzip Shampoos, denen das Wasser entzogen wurde„. (Quelle 3).
Die beiden Worte „im Prinzip“ sind hier sehr wichtig. So heißt das, meiner Meinung nach, der Satz soll einfach nur erklärend für uns Verbraucher*innen dienen. Es soll nicht heißen, dass Firmen feste Shampoos aus vorher flüssigen Shampoos herstellen.
Bei den Kommentaren zu dem Test findet sich ein Kommentar von der Stiftung Warentest selbst (vom 5.06.2020 um 10:03 Uhr): „Feste Shampoos entsprechen in der Zusammensetzung den Flüssigen. Sie werden aber bereits in fester Form hergestellt. Ihnen wird in der Produktion kein Wasser entzogen.“
Damit wird nur klar gestellt, dass feste Produkte eben nicht durch den Trocknungsprozess von Flüssigen entstehen, sondern direkt in fester Form hergestellt werden. So wie es mir auch die Produktion bei Waschkram gezeigt hat.
Also ja, die Aussage ist falsch!
Steckt vielleicht etwas anderes dahinter?
Womöglich geht es nicht um die direkte Produktion, sondern um das was dahinter steckt.
Hier kommt eine Aussage der Verbraucherzentrale ins Spiel, die ich bei der Zeit gefunden habe: „Einige der Zutaten der Putzmittel waren vor der Tab-Produktion flüssig, und die Trockenprozesse benötigen teils auch sehr viel Energie.“ (Quelle 2).
Hier geht es also tatsächlich um die Inhaltstoffe.
Also habe ich bei einem Putzmitteltab Hersteller nachgefragt. Ich wollte wissen, welche Zutaten sie vor der Herstellung erst mal trocknen und dann verwenden. Laut meiner Nachfrage dort werden bei der Tab-Herstellung pulvrige und flüssige Rohstoffe verwendet. Laut Hersteller werden keine Rohstoffe genutzt, die erst flüssig waren und dann getrocknet wurden. Er kannte sich sehr gut aus, was die Herstellung der Rohstoffe betrifft.
Also in dem einen Fall nicht. An der Stelle muss ich auch ehrlich zugeben, dass ich alle Inhaltsstoffe und deren Abbau, die für die Herstellung fester Produkte genutzt werden, kennen müsste, um diese Aussage wirklich zu prüfen. Dazu kommt noch, dass nicht alle Inhaltsstoffe, die Unternehmen verwenden, auch auf der Verpackung stehen müssen.
Eine Überprüfung ist daher unmöglich.
Ist der Wasserverbauch für feste Produkte überhaupt so wichtig oder gibt es wichtigere Dinge?
Ja für mich war es sehr wichtig, mehrere Stunden Zeit und Geld in Recherche, Mails, Telefonate und das Schreiben dieses Blogartikels zu investieren. Einerseits will ich nicht, dass du dich unsicher fühlst, weil einfach irgendjemand etwas auf Instagram postet, was er irgendwo anders gehört oder gelesen hat. Und weil ich andererseits dachte, ich hätte Recht und ich wollte gern wissen, ob das stimmt. 🙂
Selbstverständlich gibt es weit aus mehr Dinge, die wir beachten müssen, wenn es darum geht, ein Produkt als ökologisch sinnvoller einzustufen, als ein anderes.
Dafür müsste man sich den kompletten Prozess von der Gewinnung der Rohstoffe, über die Verarbeitung, bis zur Verpackung und den Transportweg anschauen.
Nur weil die Produkte quasi wasserfrei sind, sind sie nicht direkt besser für die Umwelt.
Berücksichtigen muss man auch, wie die unterschiedlichen Inhaltsstoffe in Kläranlagen abgebaut werden können. Bei der Herstellung von festen Shampoos und Putztabs werden von allen Herstellern unterschiedliche Inhaltstoffe und Herstellungsverfahren genutzt. Beispielsweise pressen die einen die Shampoos noch per Hand. Die anderen pressen maschinell. Die einen nutzen erdölbasierte Tenside, andere palmölbasierte.
Sind feste Produkte / Shampoos und Putztabs besser?
Wenn es dir darum geht Plastik einzusparen, dann ja. Die festen Produkte ersetzen einfach eine Menge Plastikverpackungen. Wenn es dir darum geht, wirklich zu 100% das beste nachhaltigste Produkt zu nutzen: Keine Ahnung.
Die Stiftung Warentest hat zwar eine Gegenüberstellung einer Ökobilanz von festem Shampoo und von flüssigen Shampoo gemacht, zu Putzmitteltabs gibt es das leider noch nicht.
Laut dieser Gegenüberstellung haben feste und flüssige Shampoos die gleicht Ökobilanz, belasten die Umwelt also ungefähr gleich. Allerdings macht hierbei die Haarwäsche den Großteil der Umweltbelastung aus.
Bei dem Vergleicht wurden die Herstellung des Shampoos, die Verpackung, der Transport und die Entsorgung der Verpackung berücksichtigt. Wenn man das Waschen der Haare aus dem Vergleich herausnimmt, dann ist die Ökobilanz von einem festen Produkt besser.
Sie sparen tatsächlich einige Plastikverpackungen und auch Ressourcen beim Transport ein und auch die Herstellung der Plastikverpackungen ist aufwendiger, als die von Papierverpackungen.
Feste Produkt sind dann ökologisch sinnvoller, wenn du auch dein Verhalten ökologisch sinnvoller gestaltest. Wußtest du zum Beispiel, dass du durch einen Duschkopf mit Wassersparfunktion deinen Wasserverbrauch um 50% reduzieren und knapp 500 € pro Jahr sparen kannst? Mehr Tipps dazu findest du in meinem Buch.
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Wie habe ich recherchiert?
Es gibt unterschiedliche feste Produkte. Ich habe mir zwei Produkte ganz genau angeschaut. Einmal Putzmitteltabs und einmal festes Shampoo. Die Herstellung von festem Shampoo kenne ich bereits, da ich das schonmal selbst mache und in meinem Shop festes Shampoo verkaufe, das Waschkram bei mir um die Ecke herstellt. Die Herstellung von Putzmitteltabs ist mir nicht bekannt. Ich hatte eine grobe Vorstellung, mehr auch nicht.
Also habe ich zwei Hersteller angeschrieben und angerufen. BioBaula und Ecover.
Dann habe ich noch bei der Verbraucherzentrale nachgefragt und auch mit Felix von Letsflip gesprochen. Die hatten sich die Reinigungstabs schonmal genauer angeschaut.
Quelle 1: https://www.welt.de/icon/beauty/article208774949/Shampoo-Test-Pflegen-feste-Shampoos-so-gut-wie-fluessige.html
Quelle 2:https://www.handelsblatt.com/technik/thespark/serie-klimapioniere-putzmittel-ohne-plastikverpackung-everdrop-will-nachhaltige-produkte-aus-der-nische-fuehren/27367964.html?ticket=ST-1169419-dql6PkoyayzNvwZf7wXe-ap4
Quelle 3: https://www.test.de/Shampoos-im-Test-1859216-5614390/
LEtsFlip: https://letsflip.de/wie-everdrop-eine-putz-revolution-anzetteln-will/
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Vielen Dank für die Recherche!